Angesichts der schweren Gesundheitskrise in Afghanistan spielt La Chaîne de l’Espoir eine zentrale Rolle dabei, Kindern den Zugang zu medizinischer Spezialversorgung zu ermöglichen. Besonders betroffen sind die Jüngsten, die dringend eine Behandlung ihrer schweren und komplexen Krankheiten benötigen. Da sich die humanitäre Lage im Land weiter verschlechtert, verstärkt die Organisation ihre Anstrengungen, um Kindern und ihren Familien Zugang zu grundlegender Versorgung zu sichern.

Frauen und Mädchen leiden besonders unter den Folgen der Wirtschaftskrise und den Einschränkungen ihrer Rechte. La Chaîne de l’Espoir ist seit mehr als zwanzig Jahren in Afghanistan aktiv und stützt sich dabei auf das Französische Institut für Mutter-Kind-Medizin (IMFE) in Kabul, das als führende Einrichtung für die Behandlung schwerer und komplexer Kinderkrankheiten gilt.

Die afghanische Krise in Zahlen

Die Lage in Afghanistan bleibt dramatisch und verschärft sich weiter. Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, und Kinder gehören zu den am stärksten betroffenen Gruppen.

  • 22,9 Millionen Menschen, also mehr als die Hälfte der Bevölkerung, werden im Jahr 2025 humanitäre Unterstützung benötigen (Quelle: OCHA HRP Afghanistan).
  • 3,5 Millionen Kinder sind unterernährt und brauchen dringend spezielle Aufbaunahrung.
  • Alle zwei Stunden stirbt eine Frau an Komplikationen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt.

Das Erdbeben vom 31. August 2025 – wenn eine Katastrophe der anderen folgt

Ein weiteres Unglück traf das ohnehin schwer gezeichnete Land. Am 31. August 2025 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 6,0 die östlichen Provinzen Afghanistans. Innerhalb weniger Sekunden stürzten zahlreiche Häuser ein, ganze Dörfer wurden zerstört. Bis zum 5. September kamen mehr als 2.200 Menschen ums Leben, über 3.600 wurden verletzt. In einigen Tälern wurden ganze Gemeinden ausgelöscht.

Mehrere Nachbeben, von denen einige eine Stärke von 6,2 erreichten, lösten Panik aus und blockierten Straßen sowie Zufahrtswege. Dadurch wurde die Versorgung der betroffenen Regionen erheblich erschwert. Angesichts dieser Notlage und um die überlasteten Provinzkrankenhäuser zu entlasten, mobilisierte La Chaîne de l’Espoir sofort ihre Einsatzteams.

Fast 1.500 Kinder im ersten Halbjahr 2025 behandelt

Zwischen Januar und Juni 2025 konnten dank La Chaîne de l’Espoir insgesamt 1.467 Kinder medizinisch versorgt werden.

1.147 Operationen wurden durchgeführt, von orthopädischen Korrekturen bis zu komplexen Herzoperationen. Darüber hinaus erhielten viele Kinder spezielle Aufbaunahrung, um ihren Gesundheitszustand zu verbessern, da die Ernährungsunsicherheit im Land alarmierende Ausmaße erreicht hat.

Der Mutter-Kind-Pavillon in Kabul bietet Familien Unterstützung und Geborgenheit, während ihre Kinder medizinisch versorgt werden. Er bietet umfassende Betreuung mit Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere, Ernährungsberatung, psychosozialer Begleitung und Gesundheitsaufklärung. Dieser ganzheitliche Ansatz trägt dazu bei, die unterschiedlichen Bedürfnisse der Familien nachhaltig zu unterstützen.

„Vor seiner Operation konnte mein Sohn nicht laufen. Heute rennt und spielt er mit anderen Kindern“, erzählt Khalids Mutter, die im Pavillon lebt.

Das Französische Medizinische Institut für Mütter und Kinder (IMFE) in Kabul – ein Zentrum medizinischer Exzellenz

Das Französische Medizinische Institut für Mütter und Kinder (IMFE) wurde 2006 von La Chaîne de l’Espoir gegründet und hat sich seither als führende Einrichtung in Afghanistan etabliert. Das Krankenhaus bietet spezialisierte medizinische Leistungen in den Bereichen Gynäkologie und Geburtshilfe, Neonatologie, Kardiologie und Herzchirurgie sowie pädiatrische Notfallversorgung.

Diese Einrichtung spielt eine zentrale Rolle für die Gesundheitsversorgung im Land. Sie ist für viele Familien der einzige Ort, an dem Kinder mit schweren oder komplexen Krankheiten die notwendige Behandlung erhalten können.

Medizinische Fortschritte, die Leben retten

Das IMFE nimmt in Afghanistan eine besondere Stellung ein. Es war das erste Krankenhaus im Land, das Herzoperationen bei Kindern am offenen Herzen durchführen konnte. Außerdem ist es bis heute die einzige Einrichtung, die Operationen an der Speiseröhre durchführt. Dieser Eingriff kann für Kleinkinder lebensrettend sein, wenn sie versehentlich ätzende Substanzen verschluckt haben.

Durch diese Spezialisierungen ist das IMFE zu einem unverzichtbaren Bestandteil des afghanischen Gesundheitssystems geworden. Es bietet den am stärksten gefährdeten Kindern moderne, sichere und hochwertige medizinische Versorgung.

IMFE unterstützt afghanische Frauen

In Afghanistan benötigt fast die Hälfte der Bevölkerung humanitäre Hilfe. Mehr als 14 Millionen Menschen sind auf medizinische Versorgung angewiesen, darunter besonders viele Frauen und Kinder.

Unsere Aufgabe ist es, diesen grundlegenden Bedürfnissen unparteiisch und menschlich gerecht zu werden. Wir wollen sichere Orte schaffen, Zugang zu medizinischer Grundversorgung ermöglichen und Frauen die Möglichkeit geben, ihre eigene Gesundheit und die ihrer Familien zu schützen

Anthony Dutemple, Missionsleiter in Afghanistan

Erfahrungen von Patientinnen

Zohra, 35 Jahre: Die sechsfache Mutter litt jahrelang unter den Folgen von Organvorfällen und Harninkontinenz. Diese Beschwerden beeinträchtigten ihren Alltag massiv und verursachten Schmerzen sowie Schwierigkeiten beim Gehen und Sitzen. Neben der körperlichen Belastung war die Situation auch sozial belastend: Da Zohra aufgrund ihrer Erkrankung ihre Kleidung nicht regelmäßig waschen konnte, schämte sie sich für ihren Körpergeruch und mied gesellschaftliche Anlässe. Dank La Chaîne de l’Espoir konnte sie sich im IMFE in Kabul einer kostenlosen Operation unterziehen.

Halima, 28 Jahre: Sie wurde im IMFE wegen Eierstockzysten operiert. Obwohl sie seit mehreren Jahren verheiratet ist, konnte sie bislang keine Kinder bekommen. Die Operation gibt ihr neue Hoffnung, eines Tages Mutter zu werden.

Diese persönlichen Geschichten zeigen, welche unmittelbare Wirkung die Arbeit von La Chaîne de l’Espoir hat und wie sie das Leben vieler Frauen und Familien nachhaltig verbessert.

Lebensrettende Versorgung für Kinder mit schwerer Unterernährung

La Chaîne de l’Espoir hat ihre Arbeit in Afghanistan an die dringendsten Bedürfnisse der Bevölkerung angepasst. Neben der medizinischen Grundversorgung betreibt das IMFE seit 2022 eine spezialisierte Station zur Behandlung von Kindern mit schwerer Unterernährung.

Diese Station verfügt über 16 Betten, darunter vier Plätze auf einer Spezialstation für besonders geschwächte Kinder. Bei Bedarf stehen zusätzlich zwei Intensivbetten für Patientinnen und Patienten in kritischem Zustand bereit. Hier erhalten Kinder neben medizinischer Betreuung auch spezielle Aufbaunahrung, um ihre Kräfte zu regenerieren und ihre Überlebenschancen zu erhöhen.

Stärkung des afghanischen Gesundheitssystems

Mit nur zwei Ärztinnen oder Ärzten pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern steht Afghanistan vor enormen Herausforderungen, wenn es um den Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung geht.

Das IMFE ist von den afghanischen Behörden offiziell anerkannt und bietet eine postgraduale medizinische Ausbildung (PGME) in neun Fachrichtungen an: Pädiatrie, Kinderchirurgie, Kardiologie, Orthopädie, Anästhesie, Radiologie, Gynäkologie und Geburtshilfe, klinische Pathologie sowie Herzchirurgie.

Diese Programme fördern die Ausbildung und Spezialisierung afghanischer Fachkräfte, stärken das nationale Gesundheitssystem und tragen dazu bei, langfristig eigenständige medizinische Kapazitäten im Land aufzubauen.